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Das banale Bedürfnis nach Stau- und Lagerraum

05. Oktober 2011
Carmen Keckeis
Stadt & Architektur
Dinge & Lagern

Versucht man eine Antwort darauf zu finden, warum eine steigende Nachfrage nach der Dienstleistung Selfstorage, im Sinne eines dauerhaft angemieteten Lagerraumes zusätzlich zur Wohnung, feststellbar ist, kommt man unweigerlich zu der Frage, warum denn überhaupt ein Mangel an Lagerraummöglichkeiten innerhalb von Wohnungen vorherrscht?

In Wien ist vor allem im Altbausektor ein entsprechender Mangel erkennbar, da aufgrund der damals üblichen Bausubstanz und Bauweise die Keller nur zur Lagerung von Brennstoffen gedacht waren. Die Lagerung von heikleren Besitztümern in Kellern des Altbausektors, ist aufgrund der meist vorherrschenden Feuchte nicht zu empfehlen. Aber auch im Neubausektor scheint ein Abstellraum oder entsprechender Keller kaum berücksichtigt zu werden, wie die Autoren einer Studie, die in der Schweiz durchgeführt wurde, feststellen. Die Schaffung von Wohnraum stellt zuallererst eine Marktleistung dar, die sich nach Kriterien wie Wirtschaftlichkeit und Rentabilität richtet. So scheinen Tiefgaragen statt Kellerabteilen und Dachbodenausbauten statt der Schaffung von Einlagerungsräumen im Dachgeschoss rentabler zu sein.

Auch die Gesetzeslage der Wiener Bauordnung kann als Indiz für den vorherrschenden Mangel betrachtet werden. Wird durch die Bauordnungsnovelle im Jahr 1976 im Landesgesetzblatt für Wien noch festgehalten, dass jede Wohnung einen Abstellraum enthalten muss, oder „anstelle des Abstellraumes kann im Vorraum neben der erforderlichen Verkehrsfläche eine entsprechend große Abstellnische oder ein Raum außerhalb des Wohnungsverbandes in unmittelbarer Nähe ausgewiesen werden. Auf demselben Bauplatz ist für jede Wohnung überdies ein Einlagerungsraum vorzusehen findet sich im Landesgesetzblatt für Wien im Jahr 2008 kein Paragraph für die Schaffung eines Abstellraumes innerhalb des Wohnungsverbandes mehr, sondern lediglich folgender Gesetzestext: „Für jede Wohnung ist außerhalb des Wohnungsverbandes ein Einlagerungsraum oder eine eigene Einlagerungsmöglichkeit vorzusehen.

Die geringe Berücksichtigung des Bedarfs an ausreichend Stauraum scheint jedoch nicht nur beim Angebot, sondern auch bei den Nachfragern von Wohnraum vorherrschend zu sein. So spielen laut einer Studie des SORA (Institute for Social Research and Analysis) Kriterien wie Tageslicht, Ruhe, Balkon oder Terrasse eine übergeordnete Rolle bei der Wohnungssuche, aufgrund derer man - kompromissbereit - auch mal auf ein großzügiges Kellerabteil verzichtet. Etliche Internetseiten, die einem bei der Suche einer passenden, optimal an die Bedürfnisse zugeschnittenen Wohnung helfen wollen, weisen das Auswahlkriterium ‘Keller‘ erst gar nicht auf. Ein Balkon oder eine Terrasse stellen reizvollere Kriterien beim Gedanken an die neue Wohnung dar, als ein Keller – man stellt sich vor, den Feierabend auf dem Balkon mit einem Glas Wein oder Bier zu genießen oder mit Freunden gemeinsam zu grillen... Jedoch spätestens nach dem ersten Skiurlaub keimt die Frage auf – wohin mit den ganzen Sachen?

Die Antwort auf die einleitende Frage, die hier zur Diskussion gestellt werden soll, lautet: Das Bedürfnis nach ausreichend vorhandenem Stau- und Lagerraum scheint kein herkömmliches und vorrangiges Wohnbedürfnis darzustellen und so ‘banal‘ zu sein, dass es von Anbietern wie auch Nachfragern zu wenig berücksichtigt wird!

Carmen Keckeis

Carmen Keckeis studiert Soziologie an der Universität Wien. In ihrer Diplomarbeit beschäftigt sie sich mit dem urbanen Phänomen Selfstorage und mit der Frage, warum diese Dienstleistung in Wien auf eine so große Nachfrage trifft. Als Ursachen für den gestiegenen Bedarf nach zusätzlichem Stau- und Lagerraum identifiziert sie unter anderem gesamtgesellschaftliche Entwicklungen, die veränderte Platzbedürfnisse nach sich ziehen. Aus der Beschäftigung mit der Thematik Selfstorage ergaben sich für sie weitere interessante Fragestellungen, die sie beabsichtigt vertiefend zu erforschen.

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